Kirchenglocken
begleiten das Leben jedes Christen: Von der Tauffeier zum Begräbnis, bei
der Erstkommunion, bei der Firmung und bei der Brautmesse. Jeden Sonntag rufen
sie uns zum gemeinsamen Gottesdienst, und oft hören wir sie im täglichen
Straßenlärm nicht mehr. Durch ihr österliches Schweigen erzählen
sie vom Leiden, vom Tod und schließlich von der Auferstehung des Herrn!
Nun,
da wir unsere Pfarrglocken wieder hören können, wollen wir im 200. Jahr
nach der Weihe der Pfarrkirche aus ihrer Geschichte berichten. Dabei beziehen
wir uns auf mündliche Berichte unseres HH Pfarrers, Geistlicher Rat Raymund
F. Rengo, can.reg., sowie auf "Döbling, Eine Heimatkunde des XIX. Wiener
Bezirkes", herausgegeben von Döblinger Lehrern, 1922, Bd. 3, und auf
"900 Jahre Nußdorf (Ein Beitrag zur Ortsgeschichte)" von Karl
A. Erhard.
Nußdorf
wurde 1645 durch die Beschießung der Schweden zerstört, 1651 durch
die Unachtsamkeit eines Fischers bis auf 3 Häuser abgebrannt und 1683 durch
die Türken dem Erdboden gleichgemacht.
Jedoch
schon am Beginn des 18.Jahrhunderts glich Nußdorf bereits mehr einem kleinen
Städtchen als einem Dorf. Zwar hatte der Ort seit dem 15.Jahrhundert eine
Kapelle, aber keinen eigenen Pfarrer. 1657 hatten drei Nußdorfer Bauern
eine tägliche Messe zur Abwendung der Pest gestiftet, die vom Heiligenstädter
Kaplan gelesen wurde.
In
den Jahren 1704, 1728 und 1731 wurden Gesuche der Nußdorfer um einen eigenen
Klosterpriester vom Passauer Konsistorium abschlägig beantwortet. Erst am
20. Juli 1783 erfolgte die Pfarrbestätigung: Kaiser Josef II trennte Nußdorf
von der Pfarre Heiligenstadt. Der erste Pfarrherr Nußdorfs wurde Koloman
Degen.
Wegen der
Pfarrerhebung wurde der Bau einer neuen Kirche notwendig, besonders da die alte
Thomaskapelle zu klein und baufällig war. Außerdem stand nach jedem
Unwetter das Kirchlein bis zu mehr als einem halben Meter unter Wasser! Dennoch
mussten die Nußdorfer ihre Messen bis ins Jahr 1787 in der alten Thomaskapelle,
Sickenbergg. 2, feiern, während HH Pfarrer Degen im Kremsmünsterer-Hof,
Greinerg. 29, wohnte.
Die "Döblinger Lehrer" zitieren aus dem "Gedenkbuch der Gemeinde Nußdorf" aus dem Privatbesitz F. Greiners:
"Der
Grundstein wurde am 28. September 1787 gelegt. Die große Glocke, die 820
Pfund, und die kleine, die 223 Pfund wog, wurden am 16. November 1787 eingeweiht.
Die große Glocke wurde nach dem heiligen Thomas, die kleinere nach der heiligen
Maria getauft. Die mittlere war schon auf dem alten Turme und die kleine, die
allda war, ist aufgegeben worden.
Zu
diesen Glocken hat die Gemeinde ein Zügenglöckl (Sterbeglocke) gekauft,
welche 64 Pfund wog und vom Weihbischof von Wien den 22. November 1787 unter dem
Namen der seligsten Jungfrau Maria geweiht wurde."
Die
Einsegnung der Kirche wurde von Propst Floridus Leeb von Klosterneuburg am 18.
November 1787 vorgenommen.
Das
Zügenglöckl wird auch nach der Herstellerfirma Scheichel die "Scheichelin"
genannt. 1792 zersprang die mittlere Glocke, während die große gleich
zweimal neu gegossen werden musste: 1853 und 1859!
Im
1. Weltkrieg wurden die Kirchenglocken abmontiert. Am 21. September 1924 wurden
die neuen Glocken von HH Pfarrer Eduard Mitschke eingeweiht.
Am
1. Juni 1940 wurde Nußdorf wieder seiner großen Glocken beraubt. Nur
das Zügenglöckl blieb im Kirchturm.
Am
5. September 1965 wurden endlich wieder zwei neue Glocken vom Hwst. Hr. Prälaten
des Stiftes Klosterneuburg, Generalabt Gebhard Koberger geweiht. Hergestellt wurden
sie von der Firma Josef Pfundner. Die größere hatte eine Masse von
293 kg und einen Durchmesser von 80 cm, die kleinere eine Masse von 175 kg und
einen Durchmesser von 68 cm. Zugleich erhielt die Kirche auch das elektrische
Läutwerk.
Am
16. Oktober 1983 bekam der Kirchturm zwei weitere Glocken von 610 kg Masse mit
einem Durchmesser von 100 cm, bzw. 110 kg Masse und 60 cm Durchmesser. Die Glocken
Nußdorfs sind auf g1, h1, d2 und e2 gestimmt. Das Zügenglöckl
passt der Stimmung nach nicht zu den vier großen Glocken - wird aber natürlich
nicht mit den anderen geläutet.
![]() ![]() |