Unsere Pfarrglocken

(aus der Beilage zu den "Nußdorfer Pfarrnachrichten" - April 1987)

Kirchenglocken begleiten das Leben jedes Christen: Von der Tauffeier zum Begräbnis, bei der Erstkommunion, bei der Firmung und bei der Brautmesse. Jeden Sonntag rufen sie uns zum gemeinsamen Gottesdienst, und oft hören wir sie im täglichen Straßenlärm nicht mehr. Durch ihr österliches Schweigen erzählen sie vom Leiden, vom Tod und schließlich von der Auferstehung des Herrn!
Nun, da wir unsere Pfarrglocken wieder hören können, wollen wir im 200. Jahr nach der Weihe der Pfarrkirche aus ihrer Geschichte berichten. Dabei beziehen wir uns auf mündliche Berichte unseres HH Pfarrers, Geistlicher Rat Raymund F. Rengo, can.reg., sowie auf "Döbling, Eine Heimatkunde des XIX. Wiener Bezirkes", herausgegeben von Döblinger Lehrern, 1922, Bd. 3, und auf "900 Jahre Nußdorf (Ein Beitrag zur Ortsgeschichte)" von Karl A. Erhard.

Nußdorf wurde 1645 durch die Beschießung der Schweden zerstört, 1651 durch die Unachtsamkeit eines Fischers bis auf 3 Häuser abgebrannt und 1683 durch die Türken dem Erdboden gleichgemacht.
Jedoch schon am Beginn des 18.Jahrhunderts glich Nußdorf bereits mehr einem kleinen Städtchen als einem Dorf. Zwar hatte der Ort seit dem 15.Jahrhundert eine Kapelle, aber keinen eigenen Pfarrer. 1657 hatten drei Nußdorfer Bauern eine tägliche Messe zur Abwendung der Pest gestiftet, die vom Heiligenstädter Kaplan gelesen wurde.
In den Jahren 1704, 1728 und 1731 wurden Gesuche der Nußdorfer um einen eigenen Klosterpriester vom Passauer Konsistorium abschlägig beantwortet. Erst am 20. Juli 1783 erfolgte die Pfarrbestätigung: Kaiser Josef II trennte Nußdorf von der Pfarre Heiligenstadt. Der erste Pfarrherr Nußdorfs wurde Koloman Degen.
Wegen der Pfarrerhebung wurde der Bau einer neuen Kirche notwendig, besonders da die alte Thomaskapelle zu klein und baufällig war. Außerdem stand nach jedem Unwetter das Kirchlein bis zu mehr als einem halben Meter unter Wasser! Dennoch mussten die Nußdorfer ihre Messen bis ins Jahr 1787 in der alten Thomaskapelle, Sickenbergg. 2, feiern, während HH Pfarrer Degen im Kremsmünsterer-Hof, Greinerg. 29, wohnte.

Die "Döblinger Lehrer" zitieren aus dem "Gedenkbuch der Gemeinde Nußdorf" aus dem Privatbesitz F. Greiners:

"Der Grundstein wurde am 28. September 1787 gelegt. Die große Glocke, die 820 Pfund, und die kleine, die 223 Pfund wog, wurden am 16. November 1787 eingeweiht. Die große Glocke wurde nach dem heiligen Thomas, die kleinere nach der heiligen Maria getauft. Die mittlere war schon auf dem alten Turme und die kleine, die allda war, ist aufgegeben worden.
Zu diesen Glocken hat die Gemeinde ein Zügenglöckl (Sterbeglocke) gekauft, welche 64 Pfund wog und vom Weihbischof von Wien den 22. November 1787 unter dem Namen der seligsten Jungfrau Maria geweiht wurde."

Die Einsegnung der Kirche wurde von Propst Floridus Leeb von Klosterneuburg am 18. November 1787 vorgenommen.
Das Zügenglöckl wird auch nach der Herstellerfirma Scheichel die "Scheichelin" genannt. 1792 zersprang die mittlere Glocke, während die große gleich zweimal neu gegossen werden musste: 1853 und 1859!
Im 1. Weltkrieg wurden die Kirchenglocken abmontiert. Am 21. September 1924 wurden die neuen Glocken von HH Pfarrer Eduard Mitschke eingeweiht.
Am 1. Juni 1940 wurde Nußdorf wieder seiner großen Glocken beraubt. Nur das Zügenglöckl blieb im Kirchturm.
Am 5. September 1965 wurden endlich wieder zwei neue Glocken vom Hwst. Hr. Prälaten des Stiftes Klosterneuburg, Generalabt Gebhard Koberger geweiht. Hergestellt wurden sie von der Firma Josef Pfundner. Die größere hatte eine Masse von 293 kg und einen Durchmesser von 80 cm, die kleinere eine Masse von 175 kg und einen Durchmesser von 68 cm. Zugleich erhielt die Kirche auch das elektrische Läutwerk.
Am 16. Oktober 1983 bekam der Kirchturm zwei weitere Glocken von 610 kg Masse mit einem Durchmesser von 100 cm, bzw. 110 kg Masse und 60 cm Durchmesser. Die Glocken Nußdorfs sind auf g1, h1, d2 und e2 gestimmt. Das Zügenglöckl passt der Stimmung nach nicht zu den vier großen Glocken - wird aber natürlich nicht mit den anderen geläutet.
Zum 30. Jahrestages der Wahl des Hwst. Hr. Prälaten Generalabt Koberger erschallten am 20. Oktober 1983 zum ersten Mal alle vier Glocken gemeinsam - und prompt beschwerten sich einige wenige Nußdorfer wegen des großen Lärms! Heute würden wir wohl gerne den Verkehrslärm gegen das harmonische Geläute unserer Glocken eintauschen!

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